Es ist ein Jammer! Der Höhepunkt der Entwicklung ist gleichzeitig das Ende. Der Bassist fühlt sich an die Individualentwicklung der Maikäfer erinnert. Ein jahrelanges Leben im Untergrund, in der Dunkelheit, im Keller. Dort arbeiten sie fleißig an der eigenen Reife, welche dann auch tatsächlich eintritt, und dann… der Auftritt: Die Maikäfer starten in die Lüfte zum Flug des Lebens, erfüllen alle anderen Wesen, die sie entdecken, mit Freude, um dann – genauso schnell wie sie erschienen sind – wieder zu verschwinden. Sie hinterlassen ein Nichts. Ein Trost mag sein, dass schon die nächsten Käferlarven im Verborgenen harren, um im nächsten Jahr hervor zu krabbeln.

Warum sollte es uns anders ergehen als den Beatles, Nirvana oder Lynyrd Skynyrd, die am Höhepunkt ihrer Karriere diese gleichwohl beendeten?

Trotz der ganzen Melancholie: Die Band macht Spaß. Kein Song ist vor ihr sicher. Sie spielt, was sie kann und wie sie kann, die Instrumente werden herumgereicht: Begnadete Sängerinnen werden zu groovenden Bassisten, Keyboarder zu Sopranisten, Cellisten zum Rocker. Der Sound, der dabei erschallt, ist zwar nicht perfekt, aber gewiss einzigartig. Die Technik, welche die Band benutzt, ist dabei genauso zusammengewürfelt wie die Musiker selbst, und so fühlt sich die Band am wohlsten in der Enge der Bierstube, die erwiesenermaßen über eine prima Akustik verfügt.

Doch der Abiturball findet in der Aula statt. Ein für Kellermusiker beängstigender Raum mit weniger vorteilhafter Akustik. Eine einzige Generalprobe muss reichen, um den Soundcheck durchzuführen. Der Auftritt wird so wie der Sprung ins kalte Wasser.

Der Gig: Allen Bedenken zum Trotz startet die Band durch, denn wir sind die Schulband, wir können nicht anders. Die Performance ist perfekt, und wenn dann mitten in der Summertime hinter der Wonderwall der Hof am brennen ist, springt der Funke auf die Gäste über. Natürlich, das Abizeugnis in der Tasche, den Nachtisch auf dem Teller und vielleicht ein Bierchen im Bauch lassen so manchen Misston vergessen. Und so ist es wie im richtigen Leben: „Life is Life“ röhrt es von der Bühne und Around The World denkt niemand mehr an den Samsdog in Sankt Matthias. Everybody Needs Somebody gilt auch für die Musiker. Denn ohne so ein prima Publikum wie ihr es seid, wären wir Miles Away und würden sinnlose Dinge tun.

H. Bobe